Schuppenflechte

Auszug aus Wikipedia:

Schuppenflechte

Schuppenflechte bzw. Psoriasis (altgr. ψωρίασις; im Altertum fälschlicherweise gleichgesetzt mit der ψώρα psóra „Krätze“) ist eine nicht-ansteckende, entzündliche Hautkrankheit (Dermatose), darüber hinaus eine möglicherweise auch andere Organe betreffende Systemerkrankung, dies betrifft vor allem die Gelenke und zugehörigen Bänder und angrenzenden Weichteile, die Augen, das Gefäßsystem sowie das Herz. Außerdem kann die Schuppenflechte zu Diabetes und Schlaganfall führen.

Schuppenflechte zeigt sich im Wesentlichen durch stark schuppende, punktförmige bis handtellergroße Hautstellen (häufig an den Knien, Ellenbogen und an der Kopfhaut, auch am Anus) – oft mit starkem Juckreiz – sowie Veränderungen an den Nägeln.

Weltweit leiden etwa 125 Millionen, in Deutschland ca. zwei Millionen Menschen unter der Schuppenflechte.

Die Ätiologie der Schuppenflechte ist vermutlich multifaktoriell (erbliche Disposition, Autoimmunreaktion) und noch nicht abschließend geklärt.

2004 wurde der 29. Oktober von der International Federation of Psoriasis Associations erstmals als Welt-Psoriasistag ausgerufen.

Geschichte der Schuppenflechte

Eine schuppende Hautkrankheit, bei der es sich wahrscheinlich um Schuppenflechte handelte, wurde bereits vom griechischen Arzt Hippokrates (ca. 460–370 v. Chr.) beschrieben. Der Begriff "Psoriasis" wurde zum ersten Mal vom Arzt Galenus verwendet, der damit eine Schuppenbildung im Augen- und Hodensackbereich umschrieb. Bei dieser handelte es sich jedoch dem heutigen Forschungsstand nach vermutlich um Ekzeme.

Lange Zeit wurde Schuppenflechte nicht von der durch Milben verursachten Krätze (Scabies) unterschieden. Vermutlich wurde Schuppenflechte auch häufig mit Lepra verwechselt; es wird angenommen, dass viele „Aussätzige“ nicht unter Lepra, sondern unter Schuppenflechte und anderen Dermatosen litten.

Erscheinungsbild der Schuppenflechte

Die Schuppenflechte zeigt sich im Wesentlichen durch stark schuppende, punktförmige bis handtellergroße Hautstellen (häufig an den Knien, Ellenbogen und der Kopfhaut) sowie Veränderungen an den Nägeln.

Manifestation der Schuppenflechte auf der Haut

Die Betroffenen haben in typischer Weise monomorphe, rötliche, meist rundliche, inselförmige, scharf begrenzte und leicht erhabene Herde. Diese Effloreszenzen finden sich bevorzugt an Kopfhaut, Ellbogen, Kniescheiben sowie um den Bauchnabel und den After, über dem Steißbein und den Fingerknöcheln und unter den Ohrläppchen. Allgemein werden vor allem Hautpartien befallen, die oft gedehnt werden (wie die genannten Gelenke, aber auch z. B. die Waden) oder sonst mechanisch gestresst werden (z. B. unter dem Gürtel).

Dabei nimmt die Kopfhaut-Schuppenflechte eine Sonderstellung ein. Der behaarte Kopf ist sowohl bei juvenilen Formen als auch bei Erwachsenen das am häufigsten befallene Hautareal der Schuppenflechte. Nach Angaben der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft in der Leitlinie zur Schuppenflechte des behaarten Kopfes schwanken statistische Angaben zur Häufigkeit des Kopfhautbefalls bei Schuppenflechte zwischen 50 und 80 Prozent. Die Kopfhaut zählt u. a. aufgrund ihrer Sensibilität und der dichten Behaarung zu den schwierig zu behandelnden Arealen.

Die Oberhaut (Epidermis) eines gesunden Menschen erneuert sich innerhalb von 26 bis 27 Tagen. In dieser Zeit werden neue Hautzellen gebildet und die gealterten (verhornten) Hautzellen (Keratinozyten) vom Körper nahezu unsichtbar abgestoßen. Bei der gesunden Haut dienen die Keratinozyten dem mechanischen, mikrobiellen und chemischen Schutz der Haut. Der Transkriptionsfaktor STAT3 wird normalerweise nur nach Hautdefekt aktiviert und löst dann über eine Vermehrung der Keratinozyten und eine Aktivierung der kutanen T-Zellen den Reparaturvorgang aus.

Bei der Schuppenflechte dagegen erfolgt die Verhornung an den befallenen Stellen sowohl beschleunigt – die Hautschicht erneuert sich vorzeitig innerhalb von nur drei bis sieben Tagen – als auch vermehrt (hyperkeratotisch) und unter Verlust des Stratum granulosum nach Aufbau und Funktion gestört (parakeratotisch). Gründe sind die erhöhte DNS-Synthese und die gesteigerte mitotische Aktivität der Basalzellen der Epidermis. Es kommt auch ohne Hautdefekt zur Aktivierung des STAT3 und damit fortlaufend zu unangepassten Umbauvorgängen in der Epidermis.

Die gealterten Hautzellen bilden bei der Schuppenflechte aufgrund der beschleunigten Erneuerung silbrig glänzende grob-lamellöse Schuppen, die eine talgartige, silbrige Konsistenz haben, welche an Kerzenwachs erinnert (Kerzenwachsphänomen). Das darunter liegende Gewebe, die unterste Zellschicht der Oberhaut, die Grenze zur Lederhaut (Dermis), ist auf Grund des vermehrten Wachstums stark durchblutet und erscheint daher unter den leicht entfernbaren Schuppen als kräftige Rötung. Es lösen sich leicht auch noch tiefere Zelllagen (Phänomen des letzten Häutchens). Kann dieses dünne Häutchen abgelöst werden, gilt dies fast immer als sicheres Zeichen von Schuppenflechte. Nach der Entfernung kommt es zu einer punktförmigen Blutung (Phänomen des blutigen Taus, Auspitz-Phänomen).

Ebenfalls typisch ist die Infiltration von Neutrophilen, was zu Mikroabszessen („Munro-Abszess“) unter der Hornschicht führt.

Der Schweregrad der Erkrankung wird vor allem für die Bewertung von Therapie-Ergebnissen mit dem PASI-Score ermittelt.

Die seelischen Belastungen Schuppenflechtekranker werden allgemein stark unterschätzt; nach neueren Studien liegen sie aber in der Größenordnung von Herzinfarkt-Patienten. Viele Betroffene erfahren ihre Erkrankung als starke Beeinträchtigung der persönlichen Lebensqualität. Sie fühlen sich gesellschaftlich isoliert, leiden unter mangelndem Selbstbewusstsein und häufig auch unter Depressionen.[4] Dass die Rate an Alkoholmissbrauch bei Schuppenflechte deutlich über der der Allgemeinbevölkerung liegt, kann sowohl eine Folge als auch einen verschlimmernden unspezifischen Reiz der Hauterkrankung darstellen.

Ursachen der Schuppenflechte

Die Ätiologie der Schuppenflechte ist vermutlich multifaktoriell; Zusammenhang, Ausmaß und Wirkung von erblicher Disposition und Autoimmunreaktion sowie weiterer möglicher Auslöser sind noch nicht abschließend geklärt.

Erbliche Disposition der Schuppenflechte

Schuppenflechte ist zu einem erheblichen Anteil erblich bedingt, daher wird familiäre Häufung beobachtet, wobei gelegentlich mehrere Generationen übersprungen werden. Bis heute ist allerdings nicht bekannt, ob die Schuppenflechte dominant oder rezessiv vererbt wird. Man geht davon aus, dass sie durch das Zusammenwirken von Varianten verschiedener Gene und Umwelteinflüssen ausgelöst wird. Das Risiko eines eineiigen Zwillings eines Betroffenen, ebenfalls zu erkranken, liegt bei 65–72 %. Etwa 2–3 % der Bevölkerung in Mitteleuropa sind von der Krankheit betroffen, während der Anteil in den USA bei ca. 4–5 % liegt. Bei Inuit, Indianern, Schwarzafrikanern und Aborigines kommt die Schuppenflechte so gut wie nicht vor; in Japan und der Volksrepublik China liegt die Prävalenz zwischen 0,025 und 0,3 %, am häufigsten ist sie unter Kasachen (bis 12 %). Nicht bei allen Erbmalträgern kommt die Schuppenflechte zum Ausbruch; zu der Erbanlage müssen vermutlich noch weitere, meist noch unbekannte Faktoren hinzukommen.

Dass bei Erbkrankheiten über Jahrtausende hinweg eigentlich nachteilige Gene erhalten bleiben, wird durch anderweitige Selektionsvorteile der Betroffenen zu erklären versucht. Für die Schuppenflechte wird postuliert, dass zu Schuppenflechte neigende Personen weniger unter Hautinfektionen leiden, weil sie mehr Defensine (antibakterielle Proteine, enthalten in den Zellen des Stratum corneums der Haut) besitzen.

Fehlfunktion des Immunsystems

Es wird davon ausgegangen, dass es sich um eine autoimmune T-Zell-mediierte Immunreaktion handelt, bei der das Immunsystem körpereigenes Gewebe als körperfremd erkennt und angreift. In den betroffenen Geweben entsteht ein proinflammatorisches Milieu. Überraschend fand eine italienische Studie eine Prävalenz von 18 Prozent mit latenter Tuberkuloseinfektion unter gut 400 an Schuppenflechte Erkrankten. Ob dabei die Infektion einen Risikofaktor für Schuppenflechte darstellt, oder ob sowohl Infektion als auch Schuppenflechte durch den gleichen Defekt im Immunsystem begünstigt werden, muss weiter untersucht werden.

Diagnostik bei Schuppenflechte

Schuppenflechtephänomene

Differentialdiagnosen

Reiter’sche Erkrankung: → Hauptartikel: Reaktive Arthritis

Von den zahlreichen Erkrankungen, welche ähnlich einer Schuppenflechte verlaufen können, sei hier nur diese genannt. Das Vollbild mit der Trias aus Gelenkentzündung (Arthritis), Bindehautentzündung (Konjunktivitis) und Entzündung der Harnröhre (Urethritis) wird vermutlich durch eine Autoimmunreaktion nach bakterieller Infektion ausgelöst, wenn diese auch nicht immer erinnerlich ist. Wenn sich zudem nahe den entzündeten Gelenken sichtbare Hautveränderungen zeigen, die denen der Schuppenflechte ähneln, ist die Reiter’sche Erkrankung eine Differentialdiagnose zur Psoriasisarthritis.

Verlauf, auslösende oder verschlimmernde Faktoren

Bei jedem Patienten verläuft die Krankheit anders. So heilt sie bei einigen Patienten scheinbar aus und tritt nur einmal im Leben auf (bei rund 25 % der Patienten), andere Patienten dagegen wechseln zwischen Phasen mit starker und geringer oder fehlender Aktivität der Erkrankung.

Viele Betroffene berichten über schwerwiegende physische oder psychische Belastungssituationen als initialen Auslösefaktor, wie beispielsweise einen schweren grippalen Infekt, eine Operation oder auch einschneidende private Erlebnisse, wie zum Beispiel den Tod eines nahen Angehörigen. Gerade bei Frauen haben oft auch starke hormonelle Veränderungen, wie sie beispielsweise bei Schwangerschaften vorkommen, erstmals einen Ausbruch und einen sogenannten „Schuppenflechte-Schub“ zur Folge gehabt. Dass die Schuppenflechte häufig das erste Mal in der Pubertät ausbricht, könnte auch in diesen Zusammenhang gehören. Am häufigsten zeigt sich die Erkrankung aber erst zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr (Typ I, s. o.). In einzelnen Fällen tritt die Schuppenflechte bereits im Kindesalter auf und stellt dann eine zusätzliche und meist unterschätzte psychische Belastung für das Kind dar. Vor allem in der Herbst- und Winterzeit kommt es aufgrund der zusätzlichen Hautbelastungen durch trockene Heizungsluft und nasskalte Klimabedingungen und wohl auch wegen geringerer UV-Einstrahlung vermehrt zu Krankheitsschüben.

Außerdem kann die Schuppenflechte ausgelöst und verschlechtert werden durch zahlreiche Medikamente wie: Betablocker, ACE-Hemmer, Lithium-Salze, Antimalariamittel, Interferone, Tetracycline, Terbinafin, NSAIDs und Folsäure.

Risikofaktoren sind auch kosmetische Präparate des täglichen Lebens, insbesondere, wenn sie die Haut austrocknen (beispielsweise alkoholhaltige Lotionen) oder sie chemisch irritieren, wie Rasierschaum, Haarspray und Handwaschpräparate. Selbst kosmetische Produkte, die eigentlich der Linderung psoriatrischer Symptome dienen sollen, können zu deren Verschlechterung bis hin zur gefährlichen Schuppenflechte pustulosa generalisata führen, so die zahlreichen Shampoos, die Zink-Pyrithion enthalten.

Als Auslösefaktoren einer Schuppenflechte werden auch unspezifische Reize, wie Verletzungen, Reibung, Operationen, Sonnenbrände oder ähnliches beobachtet. Die Schuppenflechte gehört daher auch zu den Erkrankungen, bei denen das Köbner-Phänomen nachweisbar ist. Auch Übergewicht, Alkoholmissbrauch sowie Stress können eine Schuppenflechte verschlechtern.