Neurodermitis

Auszug aus Wikipedia:

Neurodermitis (Atopisches Ekzem)

Das atopische Ekzem (griechisch ατοπία, atopía – ‚Ortlosigkeit‘, ‚nicht zuzuordnen‘; griechisch έκζεμα, ekzema – ‚Aufgegangenes‘) ist eine chronische, nicht ansteckende Hautkrankheit, die zu den atopischen Erkrankungen gehört.

Weitere geläufige Bezeichnungen sind Neurodermitis, atopische Dermatitis und endogenes Ekzem.

Hauptsymptome sind rote, schuppende, manchmal auch nässende Ekzeme auf der Haut und ein starker Juckreiz. Neurodermitis verläuft schubweise und hat ein individuelles, vom Lebensalter abhängiges Erscheinungsbild.

Neurodermitis gilt als nicht heilbar, ist aber behandelbar. Die Therapie von Neurodermitis besteht hauptsächlich aus der Behandlung der charakteristischen Hauttrockenheit und der äußerlichen Anwendung von entzündungshemmenden Wirkstoffen. Es gibt weitere Behandlungsmöglichkeiten, deren Wirksamkeit sich im Einzelfall erweisen muss.

Epidemiologie

Neurodermitis ist in Industriestaaten eine verbreitete Krankheit. 5–20 % der Kinder und 1–3 % der Erwachsenen sind von der Krankheit betroffen. In Deutschland erkranken bis zur Einschulung 8–16 % aller Kinder an Neurodermitis. Bei etwa 60 % der Betroffenen tritt die Erkrankung im ersten Lebensjahr auf, bei 90 % bis zum fünften Lebensjahr. Oft vermindern sich die Symptome von Neurodermitis mit dem Älterwerden und verschwinden mit Beginn der Pubertät. Von den ursprünglich Betroffenen sind im Erwachsenenalter bis zu 70 % beschwerdefrei. Neurodermitis wird immer häufiger beobachtet. Im Vergleich zur Mitte des 20. Jahrhunderts ist heute von einem vier- bis sechsmal häufigeren Auftreten auszugehen. Die Gründe dafür sind nicht eindeutig feststellbar. Als mögliche Ursachen für Neurodermitis werden häufigere Allergien, veränderte Lebensumstände und verbesserte Hygiene (Hygienehypothese) diskutiert.

Genetische Faktoren bei Neurodermitis

Es wird davon ausgegangen, dass die von Neurodermitis Betroffenen aufgrund genetischer Veranlagung stärker auf bestimmte Einflüsse reagieren als andere. Die eindeutige genetische Disposition von Neurodermitis ist schwer nachzuweisen. Bisherige Mutationsanalysen hatten die Aufmerksamkeit auf etwa 20 verschiedene Kandidatengene gelenkt. Diese waren aber in Wiederholungsstudien nicht immer reproduzierbar. Neuere Ergebnisse zeigen, dass die Barrierefunktion der Haut gegenüber der Umwelt gestört ist, weil Gendefekte dazu führen, dass wichtige Strukturproteine nicht gebildet werden. So wurden Mutationen im Filaggrin-Gen entdeckt, die zu einer Verminderung von Filaggrin in den äußeren Hautschichten führen. Dieses Filaggrin-Protein ist ein Schlüsselelement der epidermalen Hautbarriere und fördert Verhornungsprozesse an der Hautoberfläche. Bei Neurodermitis ist die Schutzfunktion der Haut entscheidend beeinträchtigt. Die geschwächte Barriere könnte ein erleichtertes Eindringen von Allergenen und die erhöhte Entzündungsbereitschaft atopischer Haut bedingen. Andere Ergebnisse zeigen, dass das Fehlen einer Kollagenvariante in der Haut ebenfalls mit Neurodermitis assoziiert ist. Andere Gendefekte sind ebenfalls bekannt: Um die Haut geschmeidig zu halten, produziert der gesunde Körper Hautfett. Dieses Hautfett besteht unter anderem aus Gamma-Linolensäure. Um dies herzustellen, benötigt der Körper mit der Nahrung aufgenommene Linolsäure. Für die Umwandlung von Linolsäure in Gamma-Linolensäure wird das Enzym Delta-6-Desaturase benötigt. Bei Neurodermitikern ist die Aktivität dieses Enzyms möglicherweise verringert oder gestört. Des Weiteren hat man nachweisen können, dass es gemeinsame Kandidatengene für die Disposition zu Neurodermitis und zu der ebenfalls immunologisch bedingten Hautkrankheit Psoriasis vulgaris gibt. Ein nach außen hin scheinbares Zurückgehen der Neurodermitis Symptome bei manchen Patienten kann darauf zurückzuführen sein, dass der Gendefekt nur in einem Teil der etwa 2 Billionen Körperzellen vorliegt und somit auch die weniger oder nicht beschädigten Genvarianten zum Einsatz kommen können. Es ist bisher nur unvollständig geklärt, mit welchen Mechanismen die Proteinsynthese gesteuert wird, also wann und in welchem Ausmaß welche Gene gelesen und Proteine erstellt werden.

Symptome und Beschwerden bei Neurodermitis

Empfindliche Haut

Die Haut des von Neurodermitis Betroffenen unterscheidet sich von gesunder Haut dadurch, dass eine gestörte Barrierefunktion vorliegt. Daher äußert sich Neurodermitis insbesondere durch eine sehr empfindliche und trockene Haut, die oft auch gerötet ist. Sie ist besonders anfällig für äußere Reize, die zu Juckreiz führen können.Typische Stellen (Prädilektionsstellen) für die von Neurodermitis betroffenen Haut sind insbesondere die Armbeugen, die Kniekehlen sowie die Hals- und Gesichtspartie.

Juckreiz

Das Hauptproblem für die von Neurodermitis Betroffenen ist der starke Juckreiz, der durch die empfindliche, oft verletzte Haut begünstigt wird. Er kann zum Beispiel durch Irritationen auf der empfindlichen Haut ausgelöst werden. Die Betroffenen reagieren darauf mit Kratzen, welches zu weiteren Hautirritationen führt. Dieser Teufelskreis trägt zur Aufrechterhaltung der Symptome von Neurodermitis bei. Der Juckreiz ist besonders nachts stark, daher kommt es oft zum Schlafdefizit. Die daraus folgende Übermüdung und Leistungsminderung stellen für die Betroffenen häufig eine starke psychische Belastung dar.

Provokationsfaktoren

Die Haut der von Neurodermitis Betroffenen ist sehr empfindlich gegenüber inneren und äußeren Irritationen, die als Provokationsfaktoren oder Trigger bezeichnet werden. Sie können in Verbindung mit starkem Juckreiz eine Hautrötung auslösen, die sich rasch zu einem Ekzem entwickelt.

Verlauf bei Neurodermitis

Die Symptome von Neurodermitis äußern sich bei jedem Betroffenen in unterschiedlicher Ausprägung und an verschiedenen Stellen. Sie sind vom Lebensalter abhängig. Neurodermitis tritt meist in Schüben von unterschiedlicher Dauer und Stärke auf – häufig ohne direkt erkennbaren Grund. Genauso häufig enden sie, ohne dass man einen direkten Auslöser (z. B. eine bestimmte Behandlung) hierfür erkennen kann. Hierdurch entsteht oft eine große Unsicherheit über die letztlich erfolgreiche Behandlungsmethode.

In der akuten Entstehungsphase von Neurodermitis stehen entzündliche Veränderungen wie Rötung, Schwellung der Haut, Nässen und Krustenbildung durch Eintrocknen des Sekrets im Vordergrund. Wenn diese akute Entzündungsreaktion nicht rechtzeitig behandelt wird, können bakterielle Sekundärinfektionen hinzukommen.

Bei Säuglingen ist das Auftreten von Milchschorf am Kopf eine frühe Form von Neurodermitis. Diese tritt meist im dritten Lebensmonat auf, selten auch schon früher. Vor allem an den Wangen, manchmal im ganzen Gesicht und auch am behaarten Kopf kommt es zur Bildung eines Erythem mit Papulovesikeln. Durch Kratzen kommt es zu nässenden und krustig belegten Arealen, dem typischen Milchschorf. Manchmal breitet sich Neurodermitis auf den gesamten Körper aus. Vor allem die Arm- und Kniestreckseiten sind häufig befallen.

Oft kommt es bei Neurodermitis zu sekundären bakteriellen Infektionen. Ab dem zweiten Lebensjahr sind die Hautveränderungen dagegen eher trocken und an den Beugeseiten der Extremitäten zu finden. Typische Stellen sind ab diesem Alter Gelenkbeugen, Nacken, seitliches Gesicht und Hände. Diese Körperstellen können unter Umständen auch im Erwachsenenalter betroffen sein. Ab der Pubertät finden sich Hautveränderungen hauptsächlich im Bereich der Stirn und Augenlider, am Hals, an den großen Gelenkbeugen sowie auf dem Handrücken. Charakteristisch ist in diesem Alter eine Vergröberung der Hautfaltung in Kombination mit einer sichtbaren Verdickung der Oberhaut (Lichenifikation) in den betroffenen Arealen.